Mit einem eindrucksvollen Festakt feierte das evau am vergangenen Samstag seinen 60. Geburtstag. Zahlreiche Gäste erlebten in der Arche ein inhaltlich spannendes Programm, in dem die Frage, was unsere Schule als evangelisches Gymnasium ausmacht, von vielen Seiten kompetent beleuchtet wurde. Moderator Karsten Burkardt durfte auf der Bühne aber nicht nur spannende Talk-Gäste begrüßen, sondern auch musikalische Auftritte präsentieren, die für die nötige Kurzweil im zweistündigen Programm sorgten. Anschließend ging es für viele Gäste noch auf den Schulhof, wo das Alumni-Schulfest des Fördervereins die gelungene Geburtstagsfeier abrundete.
Hier der ausführliche Bericht zum Festakt der Öffentlichkeitsreferentin des Kirchenkreises Sarah Panthel:
Seit 60 Jahren besteht das Evangelische Gymnasium Siegen-Weidenau und das ist ein Grund zum Feiern. Bereits im Juli war mit Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften bei einem Freiluftgottesdienst gefeiert worden. Jetzt wurde der Geburtstag mit einem Festakt in der Arche, der Aula der Schule, zelebriert. Eingeladen waren ehemalige Schülerinnen und Schüler, ehemalige und aktuelle Lehrkräfte sowie Gäste, die dem „Evau“ auf verschiedene Weise verbunden sind oder waren. Karsten Burkardt moderierte als ehemaliger Schüler des Gymnasiums die Veranstaltung. 1991 machte er seinen Abschluss, aber „ich fühle mich nach wie vor verbunden mit dieser Schule“. Das tue er, weil er sich dort gesehen gefühlt habe. Karsten Burkardt arbeitet im Kreis Siegen-Wittgenstein mit dem Schwerpunkt Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage.
Auf sechs Jahrzehnte wurde zurückgeblickt – dankbar könne man das, sagte Thomas Süßenbach, der Schulleiterin Beate Brinkmann vertrat, die krankheitsbedingt nicht an der Feier teilnehmen konnte. Mit einem Satz des Religionsphilosophen Martin Bubers gab der stellvertretende Schulleiter einen Einblick in die Pädagogik der Schule: „Der Mensch wird erst am Du zum Ich.“ Das „Du“ könne es nur geben, wenn es sich selbst als „Ich“ profiliere, wenn es ein persönliches Gegenüber sei, mit dem man in Dialog treten könne und an dessen Positionen und Ansichten man sich orientieren, aber auch reiben oder widersprechen könne. „Das geschieht immer da, wo ich mich als Mensch, und vielleicht ja auch als Institution Schule, zu meinem Selbst bekenne – im Wortsinne konfessionell bin.“ Süßenbach war gespannt darauf, wie die Ehemaligen das konfessionelle „Ich“ des Evaus in den vergangenen 60 wahrgenommen hätten.
Dass es allen Grund zum dankbaren Zurückblicken auf die vergangenen Jahre gibt, zeigte auch ein Rückblick in Bildern, den Lehrer Martin Glimm zusammengestellt hatte. Besondere Aktionen und Veranstaltungen der Schule wurden in rund 90 Sekunden gezeigt. Mit persönlichen Worten blickten in einer kurzen Talkrunde drei Gäste zurück. Annette Kurschus lernte das Gymnasium in verschiedenen Rollen kennen – als ehemalige Schülerin, als Pfarrerin in Weidenau und als Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Siegen, der Träger der Schule ist (seit 2023 Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein). Kurschus betonte, dass Religion keine Privatsache sei. Evangelium und Glaube würden an evangelischen Schulen reflektiert und das nicht nur im Religionsunterricht.
Herbert Ochel, ehemaliger Schulleiter, rief ins Gedächtnis, dass „die Schule eigentlich eine Idee des Kreises war“. Der Landkreis sei damals auf den Kirchenkreis zugekommen und dieser habe sich bereit erklärt, die Trägerschaft des Gymnasiums zu übernehmen unter der Voraussetzung, dass die gemeinsame Finanzierung vertraglich festgehalten werde. Dorothea Woydack, ehemalige Schulleiterin, erinnerte sich: „Wir hatten alle Freiheit und deshalb konnten wir frei Schule gestalten.“
Aktuelle Perspektiven wurden im Festakt ebenfalls in den Blick genommen. Was macht das Evangelische Gymnasium Siegen-Weidenau aus? Das wurde bereits zu Beginn der Veranstaltung in einem kurzen Video deutlich, das Leben, Gesichter und Werte der Schule zeigte. Siegens Bürgermeister Steffen Mues hob hervor: „Das Evau, das ist mehr als eine Schule.“ Er führte weiter aus: „Das Evau ist eine wichtige und wertvolle Ergänzung zu den städtischen Schulen.“ Das politische und gesellschaftliche Engagement der Schule, „finde ich ganz hervorragend“, lobte der Bürgermeister. Und mit Blick auf aktuelle Entwicklungen in der Gesellschaft und Politik sei dieses Engagement und die politische Bildung besonders wichtig. Die stellvertretende Landrätin des Kreises Siegen-Wittgenstein, Ursula Belz, betonte: „Das Evau ist ein Ort des Lernens, der Wertevermittlung, des Miteinanders und des persönlichen Wachstums.“ Sven Dombrowski, Schulleiter in Meinerzhagen, machte deutlich: „Ohne diese Schule wäre ich heute nicht das, was ich bin.“ Er vertritt die evangelischen Schulen in der Landeskirche.
Dombrowski leitete über zu Burkhard Jung, Oberbürgermeister von Leipzig, der per Videobotschaft sein Grußwort und einen kurzen Impulsvortrag übermittelte. Der gebürtige Siegener und ehemalige Lehrer am Evau erläuterte, warum evangelische Schulen wichtig sind. So nannte er beispielsweise die These: „Evangelische Schulen müssen bei aller Offenheit entschieden Stellung beziehen wessen Glaubenskind sie sind – als Einrichtung und als jeder Einzelne.“ Christen seien nicht die besseren Lehrinnen und Lehrer und nicht die besseren Menschen, aber sie lebten mit dem Anspruch, sich an ihren Überzeugungen messen zu lassen, für sie zu werben und anderen Menschen zu erlauben, diesen Maßstab an ihr Handeln anzulegen. „Wir stehen unter einer besonderen Ethik, die wir uns selbst auferlegen.“
In einer zweiten Talkrunde sprachen Thomas Süßenbach, Jan-Dirk Döhling, ehemaliger Evau-Schüler und heute Ortsdezernent der Evangelischen Kirche von Westfalen, sowie Kerstin Grünert, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein, über die Bedeutung des Evaus. Thomas Süßenbach nahm Bezug auf die Berichte und Erfahrungen seiner Vorredner: „Wie viel von dem Geist von damals heute noch zu erkennen ist, darüber freue ich mich.“ Jan-Dirk Döhling machte deutlich, dass nicht nur die Gesellschaft und die Stadt von dem Gymnasium profitiere, „auch Kirche hat was davon, wenn Kirche Schule macht“. Man komme in Kontakt mit jungen Generationen, das sei viel wert. Auch Superintendentin Kerstin Grünert sprach von der Schule als „Kontaktfläche zur Kirche“. Das Evau sei ein guter kirchlicher Ort. Die Schule sei schon immer eine besondere gewesen und ihre Besonderheit sei selbstverständlich geworden.
Dass das Evau auch einen musikalischen Schwerpunkt hat, wurde beim Festakt deutlich: Lehrerin Cordula Reimers spielte Geige, begleitet von Hartmut Sperl, ehemaliger Lehrer am Evau, der mit seinem Böhmischen Bock (Dudelsack) faszinierte, die Schwestern Nora und Josefina Stakhov, beide Schülerinnen am Evau, begeisterten mit Klavier und Geige und dem vorgetragenen „Ave Maria“ von Charles Gounod und Johann Sebastian Bach, und ein Projektchor gab mit sanften Stimmen „Hallelujah, Salvation and Glory“ zum Besten. Im Anschluss an den Festakt bestand die Möglichkeit zum Austausch.