„Ihr seid die Zukunft der Erinnerung in Deutschland“, adressiert Dr. Aspelmeier vom Aktiven Museum Südwestfalen an die jungen Zuhörenden aus zwei Geschichts-Oberstufenkursen, die sich im Selbstlernzentrum des evau versammelt hatten. Eine sehr passende Ortswahl, wie Aspelmeier hervorhob, handelt es sich doch um eine Bibliothek.
Der Film „Im Westen nichts Neues“, kürzlich mit vier Oscars ausgezeichnet, basiert auf dem gleichnamigen Roman von Erich Maria Remarque von 1929. Die Erzählung stand am vergangenen Freitag im Projekt „Kultur auf dem Scheiterhaufen“ exemplarisch für Literatur, die im Nationalsozialismus verfemt und verbrannt wurde. Der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein, Peter-Thomas Stuberg, las den gebannt lauschenden Schülerinnen und Schülern des Evaus daraus vor. Veranstaltet durch das Aktive Museum Südwestfalen in Kooperation mit dem Germanistischen Seminar der Universität Siegen, soll die Veranstaltungsreihe junge Menschen über die dramatischen Geschehnisse von vor 90 Jahren informieren und soll sie sensibilisieren, eine Herzensangelegenheit von Dr. Jens Aspelmeier und Dr. Jana Mikota, Germanistin an der Universität Siegen.
Im Rahmen des Projekts lesen bekannte Persönlichkeiten des Kreises Siegen-Wittgenstein ausgewählte Passagen aus Büchern, die im Nationalsozialismus als „verbrennungswürdig“ deklariert und auf sogenannten „schwarzen Listen“ geführt wurden. Es waren Studentenschaften, die am 10. Mai 1933 die Werke der verfemten Autoren, im Rahmen einer organisierten Aktion, deutschlandweit ins Feuer warfen. In Siegen brannte das Feuer an der Hainer Schule.
„Im Westen nichts Neues“ war einer der ersten pazifistischen Romane seiner Zeit. Eindrucksvoll und schonungslos schildert der Autor den äußerst brutalen Ersten Weltkrieg, anhand der Geschichte des jungen Soldaten Paul Bäumer und seiner Kameraden, die im Laufe der Handlung, einer nach dem anderen sterben. Kurz vor Ende des Krieges fällt letztendlich auch Paul, an einem ruhigen Tag, an dem der Heeresbericht sich auf den Satz beschränkt, im Westen sei nichts Neues zu melden. Peter-Thomas Stuberg hatte eindrucksvolle Abschnitte des Buches ausgewählt und packend vorgetragen.
„Warum, denkt ihr, ist das Buch auf dem Scheiterhaufen gelandet?“, eröffnete Stuberg anschließend die Diskussion. „Das Buch verschleiert nichts und das ging natürlich gegen die Propaganda, die die Nationalsozialisten verbreiteten“, antwortete eine Schülerin. „Das Buch hätte das ganze Heldentum und die Glorifizierung des Krieges kaputt gemacht“, ergänzte eine weitere. „Die Nazis wollten niemanden der antimilitaristisch denkt“, betonte Dr. Mikota. „In Büchern stecken Gedanken, die Werte vermitteln, das machte sie gefährlich für das Regime“, stellt Dr. Aspelmeier fest und regte die Anwesenden zum Reflektieren über ihre Verantwortung an. Die Organisatoren übergaben dem Evau schließlich ein Exemplar des Romans „Im Westen nichts Neues“. Die Schülerinnen und Schüler erhielten den Auftrag einen geeigneten Platz für das Buch zu finden, das damit der Bücherverbrennungen 1933 zum Trotz, 90 Jahre später umso präsenter sein wird.